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Kurzbeschreibung: Slayer also, die brutalste Band der Welt, hat jetzt auch ihren Comic. Da geht es natürlich um Imagepflege, denn die Band, die die Welt mit dem Auschwitz-Song Angel of Death beglückt hat, muss ja ihrem Ruf gerecht werden. Wie schon das blutige Cover wenig subtil andeutet, werden im Comic keine Gefangenen gemacht. Aber lässt sich die Essenz dieser Band so einfach ins Comicformat überführen?
Alle Bilder © Cross Cult, Dark Horse Comics und Slayer.
Bevor es zu diesem Comic kam, gab es drei krasse Musikvideos, die zusammenhängend eine Geschichte erzählen. Laut Kerry King hätte es diese Videos schon vor 20 Jahren geben sollen, so sehr bringen sie auf den Punkt, wofür Slayer stehen. Die Videos setzen tatsächlich Maßstäbe, was die Darstellung von Gewalt angeht: Ein einäugiger Strafgefangener, später erfahren wir, dass er Wyatt heißt, sticht in der Anfangssequenz des ersten Videoclips den Aufseher eines Hochsicherheitsgefängnisses ab und öffnet die Zellentüren, ein Gefängnisaufstand bricht aus. Während Slayer auf dem Gefängnisdach – es ist schließlich ein Musikvideo – das Musikstück Repentless runterschreddern, sehen wir, wie die Insassen – darunter auch Fan-Favourite Danny Trejo – sich gegenseitig abmurksen. Zur Musik geschnitten sieht das aus wie Pogotanzen mit Messern, Hanteln und Wurfgeschossen, das Blut spritzt meterweit, Köpfe werden abgeschnitten, Knochen gebrochen, Augen ausgedrückt, alles immer voll im Bild. Eigentlich ein ziemlicher Mist, was man hier zu sehen kriegt, aber mitreißend inszeniert.
Im zweiten Video, You against you, wird eine kleine Vorgeschichte nachgereicht. Der Einäugige kam in den Knast, weil er – Überraschung – in ein blutiges Gemetzel verwickelt war. Eine Andeutung von Biografie gibt es auch bereits, die aber erst im dritten, ebenfalls sehr blutigen, Video explizit wird: Der Held der Videos war ein abtrünniger Neonazi, der sich in eine Schwarze verliebt hat und deswegen bei seiner Nazi-Gang in Ungnade gefallen ist.
Die braven Leute aus Repentless.
Der Comic Repentless erweitert nun die krude Story. Wyatt bekommt mehr Biografie und einen Bruderzwist angedichtet. Genau dieser Tiefgang widerspricht aber dem, wofür die ursprünglichen Clips stehen. Der Wyatt in den Clips ist eine Force of Nature, die, einmal entfesselt, nicht mehr aufzuhalten ist, da stört jede nachgereichte moralische Legitimation nur. Die Brutalität im Clip und die Brutalität der Musik schaukeln sich auf und überhöhen die Story, die ohne die Musik sofort in sich zusammenfallen würde. Auch die weiteren im Comic eingeführten Figuren helfen der Story nicht weiter: Weder der Killer mit seiner genreüblichen Dead Skin Mask noch die braven Leute, die in dem trostlosen Höllenloch Repentless wohnen, einem perspektivlosen Nest ganz weit South of Heaven. Einzig der Auftritt der Slayer-Musiker hat einen gewissen Unterhaltungswert, wenn auch nur, weil ihr cooles Getue so völlig unfreiwillig komisch wirkt.
Nicht aus der Ruhe zu bringen.
Vielleicht zeigen die ursprünglichen Video-Clips tatsächlich die Essenz von Slayer, auch wenn ich die Band ohne eine derart eindeutige Gewaltpornografie weit mehr schätze. Der Comic wirkt im Vergleich dazu jedoch vergleichsweise holprig. Wer tatsächlich den Comic lesen möchte, der Repentless gerne sein will, der sollte zu 100 Bullets von Brian Azzarello greifen, zu Jason Aarons Scalped, oder natürlich The Walking Dead. Wenn man noch ein Geburtstagsgeschenk für einen Slayer-Fan braucht, kann man bei dem Büchlein dennoch bedenkenlos zugreifen. Merchandise zieht schließlich immer. |